Der Herr der Ringe und die Hobbit Triologie gehören genauso zu Neuseeland wie Vulkane, das Meer und Sandstrände – Wahrscheinlich locken die beiden erstgenannten inzwischen aber fast mehr Touristen in das Land. Bereits während unser Ankunft am Flughafen Wellington bestand kein Zweifel mehr daran, dass die Neuseeländer sich mit dem Herrn der Ringe und dem Hobbit angefreundet haben. „Middle of Middle-Earth“ ist bereits aus dem Flieger zu lesen, erst viel später entdecken wir ein kleines, fast unscheinbares Wellington-Schild. Die Empfangshalle des Flughafens teilen sich der auf einem „Gwaihir“ reitende Gandalf und ein riesiger unter der Decke hängender Gollum. Wahre Fans bleiben hier natürlich stehen und machen die ersten 1-800 Fotos noch ehe sie wirklich in Neuseeland angekommen sind. Wir müssen zugeben, dass wir zwar stehen geblieben sind und Fotos gemacht haben (sorry, nur mit dem Handy) so wirklich begeisterte Fans sind waren wir aber nicht.
Die Filme haben wir uns erst in unserer dritten Wellington-Woche angeschaut und eingeschlafen bin ich dabei auch noch, aber hey … Trotzdem stand für uns beide fest, dass wir Hobbiton trotz der 75$ Eintritt auf keinen Fall verpassen wollen. So häufig ist man schließlich nicht in Neuseeland. Außerdem hatten wir eine Heidenangst vor Ninas Schwester die uns zuvor schon erklärte, wir seien nicht würdig Neuseeland zu besuchen. Soweit ich mich recht erinnere ging es sogar soweit, dass wir als Ungläubige in einer Kirche bezeichnet wurden. Wir? Niemals:)
Matamata
Hinter den sieben Bergen… Huch falsche Geschichte. Weit ab von jeglicher Zivilisation liegt Matamata ein friedliches 6000-Seelen Städtchen. Außer Schafen, Kühen und jeder Menge grüner Hügel gibt es hier fast nichts. Wobei es natürlich heißen muss, gab es hier fast nichts. Heute besuchen die unscheinbare Kleinstadt jedes Jahr über 300.000 Besucher. Der Grund dafür liegt etwa 10 Kilometer außerhalb und hat gerade einmal 44 „Häuser“ – Hobbiton, der wahr gewordene Traum eines jeden Herr der Ringe Fans. Tag für Tag kommen bis zu 2000 Fans um einmal wie Bilbo Beutlin durch Hobbiton zu spazieren.
Camping in Matamata
Nachdem Coromandel leider total überlaufen, und für unseren Geschmack zu touristisch war, erreichten wir Matamata schon 2-3 Tage früher als geplant. Gut, dass wir unsere Übernachtungen eh nicht vorbuchen. Nach gefühlt endlosem Hin- und Hernavigieren erreichten wir unseren Wahl-Campingplatz zusammen mit der untergehenden Sonne. Der Matamata Aerodrome Camping Ground, ist zwar landschaftlich nicht der schönste, liegt aber strategisch gesehen perfekt, bietet gute Waschhäuser und eine Küche. Was will man mehr? Aus Mitleid oder einfach weil er ein netter Mensch ist, ließ uns der Betreiber in einem kleinen Abstellraum übernachten und ersparte uns so den „lästigen“ Zelt Auf- und Abbau bei Dunkelheit. Wir entscheiden uns spontan, noch eine Runde zu Waschen, einfach weil es die Möglichkeit gibt und weil es nie schlecht ist saubere Wäsche zu haben. Außerdem buchen wir noch fix die Tickets für Hobbiton ehe wir es uns zu viert auf knapp 8m2 gemütlich machen.
Kirchgänger starten früh.
Wir haben uns für die erste Tour des Tages um 9:30 Uhr entschieden und so sitzen wir pünktlich um 9:28 Uhr in einem mit etwa 30 anderen Personen ausgebuchtem Bus Richtung Mittelerde. Im Radio läuft Katy Perry mit Dark Horse als sich unser Fahrer mit ruhiger Stimme als Big J vorstellt. Big J ist tatsächlich big, ein bisschen breiter als hoch aber auf Anhieb ein super sympathischer Typ. Nach 2 Insiderwitzen, die bloß die „richtigen Fans“ weiter hinten im Bus verstanden haben, machen wir uns auf den etwa 10-minütigen Weg vom aufwändig und liebevoll gestalteten Hobbiton Visitor Center bis Hobbiton. Big J erzählt davon wie Location-Spotter 1998 zum aller ersten Mal bei einem Bauern geklingelt haben und ihm von ihrer Idee mit dem Drehort für die damals in Neuseeland noch unbekannte Herr der Ringe Triologie erzählten. Davon wie kein halbes Jahr später 400 Personen nahezu rund um die Uhr an der Vision eines 1500 Jahre alten Hobbit-Dorfs arbeiteten und davon wie nach den Dreharbeiten alles wieder abgerissen werden sollte. Auch wenn man weiss, dass Big J diese Dinge wahrscheinlich genau so x-mal am Tag erzählt schafft er es auf der kurzen Fahrt, über eine der heute größten Schaffarmen der Nordinsel, einem Lust auf Hobbiton zu machen.
Ohne Witz, wenn ich bis vor 5 Minuten noch der Meinung war, Hobbiton sei nur etwas für wirkliche Fans im grünen Kleidchen und was weiss ich, hat Big J es geschafft mich davon zu überzeugen, dass Hobbiton etwas ganz besonderes ist.
Während der gesamten Fahrt sehen wir nicht eine Hobbithöhle, lediglich der erst 2012 erbaute „Green Dragon Pub“ zeigte sich kurz, um nach nicht einmal 4 Sekunden auch schon wieder hinter einem Hügel zu verschwinden.
Auch als Big J uns verabschiedet und an eine Kollegin übergibt ist Hobbiton noch nicht in Sichtweite. Über einen schmalen Weg erreichen wir das zu allen Seiten mit Hügeln abgedeckte Hobbiton. Mit einem Schlag wird aus Gras, der wohl grünste und bestgepflegte Rasen Neuseelands.
Willkommen in Hobbiton.
Wo soll man bloß anfangen zu schreiben? Ganz im ernst, ich wusste nicht einmal wo wir anfangen sollten zu Fotografieren. 44 Hobbithölen, verbunden mit kleinen Wegen, getrennt durch kleine Seen und Obstbäume, am Wegesrand liegen liebevoll aufeinander gestapelte Gemüseberge und alles sieht aus als würde es hier ganz genau so hingehören. Gar keine Frage, hier wusste jemand wie man etwas so aussehen lässt als wäre es ganz genau so schon seit 100ten von Jahren. Ein weiteres Mal auf dieser Reise loben wir uns selbst. Das frühe aufstehen hat sich mehr als gelohnt, wir haben Hobbiton ganz für uns alleine. Mit „wir“ meine ich in diesem Fall unsere kleine 30er Reisebusgruppe der ersten Tour. Jede Gruppe nach uns wird uns leider aus ihren Bildern photoshoppen müssen – selbst Schuld.
Die ersten 5-10 Minuten (wie lange es genau war kann ich leider bei so vielen Eindrücken nicht einschätzen) verbringen wir genau wie alle anderen auch mit Fotografieren und Staunen. Hier ein Foto von ganz Hobbiton, hier eins vor einer Hobbithöhle, da eins im Garten und so weiter und so fort. Die ganze Gruppe streunt ein bisschen (im 20m Radius) herum, immer auf der Suche nach dem perfekten Foto bis wir uns alle wieder als Gruppe versammeln.
Schnell noch ein bisschen Hintergrundwissen bevor wir dann wirklich durch Hobbiton spazieren. „Damit Hobbiton diesen 1000 Jahre alten Charakter vermitteln kann, wurde nachdem alles stand etwa ein halbes Jahr damit verbracht das ganze (neu aufgebaute) Dorf alt aussehen zu lassen. Unter anderem wurden sämtliche Zäune, Steine, Häuser etc in liebevoller Handarbeit mit Kunstmoos aus Silikon, Joghurt, Essig und Sägespähnen „verziert“.“
Oder auch:
„Der Grüne Eichenbaum auf Bilbos Haus und damit ganz oben in Hobbiton ist komplett aus Plastik. Peter Jackson waren die Blätter allerdings einen Tick zu grell was letztendlich dazu führte, dass 6 Personen über eine Woche jedes einzelne Blatt mit Hand etwas dunkler malen mussten.“
Über die liebevoll angelegen Wege gehen wir vorbei an kleineren und größeren Hobbithöhlen, vorbei an Seen und Bächen bis rauf zu Bilbos „Haus“. Von hier oben hat man einen traumhaften Blick über das ganze Dorf, sogar das Lokal „Green Dragon“ kann man von hier sehen.
In den Hobbithöhlen gibt es leider nichts zu sehen, die meisten sind bloß etwa 30-80 cm tief ausgebaut, der Rest wurde im Studio gedreht, trotzdem macht jeder aus unser Gruppe ein „Hinter-der-Tür-herguck-Foto“.
Nach etwa 40 Minuten erreichen wir den „Markt“ bzw. Festplatz von Hobbiton. Auf sattgrünem Rasen stehen hier eine Wippe, Stelzen und jede Menge anderes Spielzeug, zusammen mit den Lampions und den bunten Wimpeln die überall gespannt sind erweckt alles den Eindruck als wären die Hobbits nur gerade im Urlaub.
Hier merkt man wirklich, dass Profis am Werk waren, wirklich alles in Hobbiton sieht so aus wie man es aus den Filmen erwarten würde (das haben alle gesagt, nicht nur ich, der keine Ahnung hat).
Zum Ende der etwa 1,5-stündigen Tour kehren wir in den Green Dragon ein. Das der Green Dragon erst 2012 eröffnet wurde merkt man hier ganz genauso wenig wie in Hobbiton selbst. Alles an dieser Kneipe passt, sie ist so urig und originell, dass auch ich als Nicht-Fan sie spontan als Lieblingskneipe akzeptiert hätte. Wir lassen uns einen Ale und einen Cidre schmecken, genießen die Stille und einen letzten Blick über den See.
Auf unseren Weg zum Bus sehen wir das mittlerweile von etwa 8 Gruppen geflutete Hobbiton, so hatten wir es uns vorgestellt, sind jetzt aber doppelt froh die erste Tour des Tages gebucht zu haben. Kirchgänger sind Frühaufsteher, wer Hobbiton erleben will besser auch.
Lohnt sich Hobbiton?
Ja, definitiv. Selbst als Nicht-Hobbit-Fans waren wir nach der Tour wirklich begeistert – von der Detailverliebtheit und der ganzen Szenerie. 75$ ist sicherlich nicht wenig, verglichen mit anderen Attraktionen hat sich diese Ausgabe aber auf jeden Fall gelohnt.
Muss ich mein Ticket vorbuchen?
In der Hauptreisezeit auf jeden Fall, die Touren sind zeitweise wohl Wochen im Voraus ausgebucht. Für Selbstfahrer empfehlen wir direkt auf der Hobbiton-Movieset-Tour Seite zu buchen und ggf auch zu beobachten wie sich die Touren im infrage kommenden Zeitraum entwickeln. Wir haben unser Ticket etwa 12 Stunden im Voraus gebucht, das klappt aber wohl nicht immer.
Wie komme ich zum Hobbiton Movie Set?
Am einfachsten und „besten“ ist es mit dem eigenen Auto direkt bis zum Hobbiton Visitor Center zu fahren, nicht zur i-Site in Matamata! Von der i-Site gehen zwar auch Touren los, die wirklich erste Tour könnt ihr aber nur vom Hobbiton Visitor Center machen. Alles andere fährt später ab. Natürlich kann man auch Bustouren direkt aus Rotorua buchen, ob ihr das wollt, liegt wahrscheinlich daran, wie viel Zeit und Geld ihr ausgeben wollt. Für uns wäre das keine Option.
Wann besucht man Hobbiton?
Das ist natürlich immer so eine Sache, wenn ihr wirklich Zeit habt beobachtet die Wettervorhersage und sucht euch einen schön, sonnigen Tag aus. Beachtet aber, dass Neuseeland eines der Länder ist, in denen sich das Wetter am schwierigsten vorhersagen lässt. Da Hobbiton rund um das Jahr durch professionelle Gärtner gepflegt wird ist aber wahrscheinlich egal, ob ihr in Haupt oder Nebensaison unterwegs seit. Für uns war die erste Tour des Tages im Nachhinein die einzig richtige Entscheidung. Natürlich kann auch die letzte Tour zur goldenen Stunde schön werden, wir würden aber jedem die erste Tour des Tages ans Herz legen.
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